„Waldgeisterstamm“ wieder zurück
Endlich war es soweit: Am Mittwoch, 27. Mai 2015, wurde der „Waldgeisterstamm“ des verstorbenen ukrainischen Künstlers Valeri Gourski wieder an seinem Stammplatz am Rathaus aufgestellt.
Mit Hilfe eines Ladekrans wurde die ca. 1,5 Tonnen schwere und fast sieben Meter lange Holzskulptur auf der Grünfläche neben dem Rathaus direkt an der Wegverbindung zum Rathaus-Parkplatz installiert.
Zum offiziellen Übergabe-Termin um 11.00 Uhr hatte Bürgermeister Jürgen Rogg auch die Sponsoren eingeladen, die einen Teil der Kosten für Restauration, Transport und Installation aufgebracht haben. In seiner Ansprache dankte der Bürgermeister den Sponsoren ganz herzlich, denn ohne ihre Unterstützung hätte sich das Projekt nicht realisieren lassen. Horst Schäfer würdigte bei diesem Anlass noch einmal das Leben und Wirken des Künstlers Valeri Gourski.
Zur 775-Jahr-Feier der Stadt Dietzenbach aus dem Stamm einer Eiche
Im Dezember 2008 wurde der „Waldgeisterstamm“ im Zusammenhang mit dem Rathausumbau demontiert und beim städtischen Bauhof eingelagert. Zudem hatte der TÜV Hessen die Skulptur auf ihre Standsicherheit hin überprüft und beanstandet, da das Holz im Bereich des Betonfundaments verfault und somit die Standsicherheit gefährdet war.
Es war Horst Schäfer, Freund, Förderer und „Nachlassverwalter“ von Valeri Gourskis Werken, der sich in der Folgezeit hartnäckig dafür einsetzte, dass der „Waldgeisterstamm“ restauriert und schließlich wieder im öffentlichen Raum aufgestellt wird. Eigenhändig verstrich er mit seinem Freund Farid Al Khatep im Juni 2012 viele Liter Holzschutzmittel. Zudem sollte der Stamm mit einer Stahlkonstruktion ausgestattet werden, um ihn im Sockelbereich vor Staunässe zu schützen und standsicher installieren zu können.
Es bildete sich ein Sponsoren-Kreis, der einen Teil der Kosten für Restauration, Transport und Installation aufbrachte: Die Vereine „Für Dietzenbach“, „Zusammenleben der Kulturen“, der Dietzenbacher Künstlerkreis, Die Volksbank Dreieich, die Sparkasse Langen-Seligenstadt und einige Privatpersonen spendeten eine Summe von insgesamt 2.235,- €.
Die Dietzenbacher „Schaffensphase“ des ukrainischen Künstlers
Valerie Gourski hatte in Dietzenbach eine hochproduktive Schaffensphase. Neben den zahlreichen Gemälden, die sich in Privatbesitz befinden, hat er auch im öffentlichen Raum seine Spuren hinterlassen, so der Äskulap-Stamm im Ärztezentrum und der Drachenkopf, der zunächst im Waldschwimmbad und später in der Blumenrabatte an der SG-Kreuzung aufgestellt war.
Neben Porträts hat er vor allem Stadt- und Landschaftsansichten gemalt – die Gemälde „Rathenaustraße Dietzenbach“ und der „Blick vom Wingertsberg auf Dietzenbach“ hängen heute im Bildungshaus*. Gourski war sich aber auch nicht zu schade, als Auftragsarbeiten rustikale Gartenmöbel herzustellen. So vielseitig sein künstlerisches Werk, seine Techniken, seine Stil- und Ausdrucksmittel auch waren, er selbst brachte in Gesprächen über seine Kunst immer wieder den Begriff „Expressionnisme“ ins Spiel – in der Tat: so waren seine Arbeitsweise und sein zu kurzes Leben!
In seiner Dietzenbacher Zeit hatte Valeri Gourski mehrere Jahre in der Rathenaustraße auf dem Anwesen des Sägewerksbesitzers Günter Knecht, einem Gönner und Förderer, gewohnt und gearbeitet. Viele seiner Gemälde und Holzschnitzereien sind hier entstanden. Und so wurden mehr als 40 seiner Werke im Jahre 2012 kurz vor dem Abriss des Sägewerks noch auf dem offenen Dachboden gefunden und anschließend in Ausstellungen präsentiert.
Ein bewegtes Leben…
Valerie Gourski wurde 1954 in Kovel in der West-Ukraine geboren. 1972 schloss er eine Lehre als Holzbildhauer ab, arbeitete dann als Holzbildhauer, als Kunstschnitzer, als Lehrer an der Berufsfachschule Kovel, schuf Skulpturen und Gemälde. Er bewegte sich in der Sowjet-Union in avantgardistischen, nonkonformistischen Künstlerkreisen und geriet immer wieder in Konflikt mit dem autoritären kommunistischen Regime. Nach dem Fall des „eisernen Vorhangs“ hielt es den Freigeist nicht länger in seiner Heimat – auf abenteuerlichen Wegen gelangte er im November 1990 zunächst nach München.
In Süddeutschland war er an mehr als 50 Ausstellungen und Kunstaktionen beteiligt, bevor er 1995 nach Dietzenbach kam – von der Ausweisung bedroht. Hier lebte er zeitweise im Wohnwagen, konnte sich aber letztendlich mit seiner Kunst den Lebensunterhalt verdienen. Immer wieder gelang es mit Hilfe seines Freundes Horst Schäfer, seinerzeit Richter am Verwaltungsgericht Wiesbaden, die Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern.
Gourski verlegte schließlich seinen Wohnsitz nach Wiesbaden, war aber weiterhin regelmäßiger Gast in Dietzenbach, beispielsweise bei den Altstadtmärkten, wo er sich als Porträt-Maler betätigte.
2006 hatte Gourski eine Einreisegenehmigung für die Ukraine erhalten, um noch einmal seine im Sterben liegende 86-jährige Mutter sehen zu können. Auf der Rückreise nach Deutschland verunglückte er am 13. Dezember 2006 bei einem Verkehrsunfall in Polen tödlich.
Quelle: Homepage der Stadt Dietzenbach